Update für Debian Stretch:
Debian Stretch kommt ausschließlich mit gnupg2 daher. Daher sind die Skripte ein wenig anzupassen.
Dieser Ansatz beruht im Wesentlichen auf der Anleitung von Peter Lebbing. Allerdings sind für die Unterstützung von Kartenlesern, für die gnupg keine eigene Unterstützung mitbringt, noch kleine Veränderungen nötig. Wir benötigen zusätzlich den pcscd-Dämon innerhalb der Initramdisk:
Diese Anleitung setzt voraus, dass diejenigen, die sie anwenden, wissen was sie tun und die zugrundeliegenden Skripte verstehen. Es besteht die Gefahr, dass das System nicht mehr ohne weiteres gebootet werden kann. Anwender_innen sollten wissen, wie sie dann vorgehen müssen.
Diese Anleitung geht davon aus, dass bereits ein vollverschlüsseltes System auf Basis von Debian Stretch existiert. Sie beinhaltet nicht die Beschreibung der grundsätzlichen Einrichtung der Festplattenverschlüsselung.
Voraussetzungen
Für die nächsten Schritte, die alle als Root ausgeführt werden, benötigen wir die Gnupg User-ID, mit der der Luks-Key verschlüsselt werden soll auch innerhalb des Gnupg-Setups von root. Ggf. muss also der Öffentliche Schlüssel in den Root-Schlüsselbund importiert werden.
Als User:
gpg --export --armor USER-ID > /tmp/key.asc
als Root:
gpg --import /tmp/key.asc
Die Skripte gehen davon dass unter:
/etc/keys/cryptkey.gpg
ein mit der gpg-ID der Gnupg-Card verschlüsselter Key liegt, der die Root-Partition entschlüsseln kann.
Weiterhin müssen unter /etc/keys die Dateien pubring.gpg (mit dem öffentlichen Schlüssel der verwendeten Gnupg ID) und secring.gpg existieren. Keine Sorge: In letzterer existiert kein geheimer Schlüssel sondern nur der Verweis auf die Gnupg Card.
Dass lässt sich z.B. folgendermaßen bewerkstelligen (GNUPG-ID muss durch die richtige ID ersetzt werden):
mkdir -m 700 /etc/keys dd if=/dev/random bs=1 count=256 | gpg -e -o /etc/keys/cryptkey.gpg -r Gnupg-ID -ec cd /root mkfifo -m 700 keyfifo gpg -d /etc/keys/cryptkey.gpg >keyfifo
In einem zweiten Terminal:
(„CRYPTDEVICE“ muss natürlich mit dem richtigen Device ersetzt werden.)
cd /root cryptsetup luksAddKey /dev/CRYPTDEVICE keyfifo
Für die folgenden Kommandos muss die Gnupg Card als Root verwendet werden. Evtl. muss, wenn das ganze in einer User-X-Session stattfindet erst der scdaemon des Users beendet werden:
killall -9 scdaemon
In einem der beiden Terminals (das andere kann geschlossen werden) ({YOURKEYID} mit der gewünschten Gnupg-ID ersetzen):
rm keyfifo gpg --export-options export-minimal --export {YOURKEYID} | gpg \ --no-default-keyring --keyring /etc/keys/pubring.gpg \ --secret-keyring /etc/keys/secring.gpg --import gpg --no-default-keyring --keyring /etc/keys/pubring.gpg \ --secret-keyring /etc/keys/secring.gpg --card-status
Vor der Anpassung sollte etwas folgendes in der /etc/crypttab stehen:
md1_crypt UUID=46ace282-0706-4fa3-9cb1-bd6f9aaba29d none luks
wir ersetzen alles ab none luks
, so dass es in etwa folgendermaßen aussieht:
md1_crypt UUID=46ace282-0706-4fa3-9cb1-bd6f9aaba29d /etc/keys/cryptkey.gpg luks,keyscript=decrypt_gnupg_sc
Folgende Dateien sind nötig und müssen an die vorgesehenen Stellen kopiert werden:
Für Cardreader ohne Pinpad, bei denen die PIN über die normale Tastatur eingegeben wird, sind weniger Binaries im initramfs erforderlich. Das Skript für Cardreader mit Pinpad funktioniert auch mit Cardreadern ohne Pinpad - allerdings darf der USB-Cardreader erst eingesteckt werden, wenn bereits nach dem Passwort gefragt wird.
: wir bräuchten eine Möglichkeit, Cardreader ohne Pinpad von solchen mit Pinpad zu unterscheiden.
Wird der Schlüssel „cryptkey.gpg“ zusätzlich zu den gpg-Ids auch noch mit einer symmetrischen Passphrase verschlüsselt (siehe oben), dann funktioniert die Freischaltung mit beiden Skripten auch mit der Eingabe der Passphrase über die Tastatur.
Das Skript decrypt_gnupg_sc
wird später innerhalb der Initramdisk gestartet, startet dort den pcscd und fragt nach der PIN-Nummer der Karte bzw. nach einem Passwort für die zusätzlich vergebene symmetrische Verschlüsselung der gpg-Datei.
Die folgenden Skripte sind für Lesegeräte gedacht, die nicht vom internen ccid-Treiber des gnupg-Binaries unterstützt werden sondern einen laufenden pcsc Daemon benötigen. Falls der Kartenleser vom internen ccid unterstützt wird, können und müssen die entsprechenden Zeilen ausgelassen werden. Ob mit laufendem pcscd auch Kartenleser unterstützt werden, die diesen normalerweise nicht benötigen, habe ich noch nicht getestet.
Seit Stretch funktioniert der Hack nach meiner Erfahrung so (s.u. #Cardreader mit Pinpad) nicht mehr für Cardreader ohne Pinpad. Genau habe ich das noch nicht analysiert - aber es hat wohl was mit der Art, wie die gnupg2 Version die pinentry Funktion aufruft, zu tun.
Hier gibt es eine funktionierende Anleitung:
Auf unser Szenario bezogen benötigen wir folgende Dateien (beide müssen ausführbar sein):
#!/bin/sh set -e PREREQ="cryptroot" prereqs() { echo "$PREREQ" } case $1 in prereqs) prereqs exit 0 ;; esac . /usr/share/initramfs-tools/hook-functions if [ ! -x ${DESTDIR}/lib/cryptsetup/scripts/decrypt_gnupg_sc ] ; then exit 0 fi # Deploy the keyring. cp -a /etc/keys/ "${DESTDIR}/etc/" # Deploy terminfo (required for pinentry-curses). mkdir -p "${DESTDIR}/etc/terminfo/l/" cp -a /lib/terminfo/l/linux "${DESTDIR}/etc/terminfo/l/linux" # Deploy GnuPG binaries and pinentry-curses. copy_exec /usr/bin/gpg copy_exec /usr/bin/gpg2 copy_exec /usr/bin/gpg-agent copy_exec /usr/bin/pinentry-curses # some more libs for pcscd copy_exec /usr/sbin/pcscd copy_exec /usr/lib/pcsc/drivers/serial/libccidtwin.so copy_exec /usr/lib/pcsc/drivers/ifd-ccid.bundle/Contents/Linux/libccid.so copy_exec /usr/lib/pcsc/drivers/ifd-ccid.bundle/Contents/Info.plist copy_exec /etc/libccid_Info.plist if uname -r | grep -q amd64; then copy_exec /usr/lib/x86_64-linux-gnu/libpcsclite.so.1.0.0 copy_exec /lib/x86_64-linux-gnu/libgcc_s.so.1 else copy_exec /usr/lib/i386-linux-gnu/libpcsclite.so.1.0.0 copy_exec /lib/i386-linux-gnu/libgcc_s.so.1 fi # we need some more stuff from gnupg2 copy_exec /usr/lib/gnupg/scdaemon copy_exec /usr/bin/pinentry echo "initramfs for luks decryption with gnupg-card done" exit 0
chmod 755 /etc/initramfs-tools/hooks/cryptgnupg_sc
#!/bin/sh # This is the safest way to ensure the GnuPG home directory is correctly set. export GNUPGHOME=/etc/keys/ # quick hack for starting pcscd mkdir -p /var/run pcscd & sleep 3 gpg2 --no-tty --decrypt /etc/keys/cryptkey.gpg
chmod 750 /lib/cryptsetup/scripts/decrypt_gnupg_sc
Die Anleitung bezieht sich auf Cardreader mit oder ohne Pinpads. Falls es Bei Cardreadern ohne Pinpad zu problemen kommt, hefen vielleicht die Hinweise aus den älteren Fassungen: Luks mit Gnupg-Card unter Wheezy und Jessie
Am Anfang des Skripts wird eine kleine Abfrage gemacht, ob ein Kartenleser existiert. Wenn nicht, fragt das Skript nach der Passphrase. Diese Unterscheidung ist nötig, weil „askpass“ immer auf eine Eingabebestätigung wartet.
Wir können diesen Umstand ausnutzen, um auch Kartenleser ohne Pinpad zu nutzen. Wenn der Kartenleser erst eingesteckt wird, wenn das Skript sich schon in der Schleife mit „askpass“ befindet, sollte es auch mit der Karte und der Eingabe der PIN über die Tastatur funktionieren. Das funktioniert bei mir seit Debian Stretch nicht mehr (s.o.)
#!/bin/sh # quick hack for starting pcscd mkdir -p /var/run pcscd & sleep 3 decrypt_gpg () { # we check for attachted cardreader # cardreaders with pinpad: they have to be attached before booting # for cardreaders without pinpad: just attach them later, if the script already # asks for Passphrase or PIN if gpg -q --no-tty --homedir "$(dirname $1)" --card-status > /dev/null 2>&1 && sleep 2; then echo "Please use the pinpad of your cardreader for PIN entry." >&2 if ! /usr/bin/gpg --homedir "$(dirname $1)" \ --trustdb-name /dev/null --decrypt $1; then return 1 fi return 0 else echo "Performing GPG key decryption ..." >&2 if ! /lib/cryptsetup/askpass \ "Enter passphrase for key $1, or PIN for your cardreader: " | \ /usr/bin/gpg -q --batch --homedir "$(dirname $1)" \ --trustdb-name /dev/null --passphrase-fd 0 --decrypt $1; then return 1 fi return 0 fi } if [ ! -x /usr/bin/gpg ]; then echo "$0: /usr/bin/gpg is not available" >&2 exit 1 fi if [ -z "$1" ]; then echo "$0: missing key as argument" >&2 exit 1 fi decrypt_gpg "$1" exit $?
Das Skript muss ausführbar sein:
chmod 755 /lib/cryptsetup/scripts/decrypt_gnupg_sc
Das Hook-Skript erledigt die Anpassungen in der Initramdisk und kopiert die nötigen binaries und Bibliotheken in die Initramdisk (u.a. gpg, pcscd):
<file bash /etc/initramfs-tools/hooks/cryptgnupg_sc> #!/bin/sh set -e PREREQ="cryptroot" prereqs() { echo "$PREREQ" } case $1 in prereqs) prereqs exit 0 ;; esac . /usr/share/initramfs-tools/hook-functions # Hooks for loading Gnupg software and key into the initramfs # Check whether cryptroot hook has installed decrypt_gnupg_sc script if [ ! -x ${DESTDIR}/lib/cryptsetup/scripts/decrypt_gnupg_sc ] ; then exit 0 fi # Install cryptroot key files into initramfs keys=$(sed 's/^\(.*,\|\)key=//; s/,.*//' ${DESTDIR}/conf/conf.d/cryptroot) if [ "${keys}" != "none" ]; then if [ -z "${keys}" ]; then echo "$0: Missing key files in ${DESTDIR}/conf/conf.d/cryptroot" >&2 cat ${DESTDIR}/conf/conf.d/cryptroot >&2 exit 1 fi for key in ${keys} ; do keydir=$(dirname ${key}) echo "WARNING: GnuPG key $key is copied to initramfs" >&2 echo "WARNING: GnuPG secret keyring ${keydir}/secring.gpg is copied" \ "to initramfs" >&2 if [ ! -d ${DESTDIR}/${keydir} ] ; then mkdir -p ${DESTDIR}/${keydir} fi chmod 700 ${DESTDIR}/${keydir} cp -p ${key} ${DESTDIR}/${key} cp -p ${keydir}/pubring.gpg ${DESTDIR}/${keydir} cp -p ${keydir}/secring.gpg ${DESTDIR}/${keydir} if [ -e ${keydir}/gpg.conf ] ; then cp -p ${keydir}/gpg.conf ${DESTDIR}/${keydir} fi done fi # Install gnupg software copy_exec /usr/bin/gpg copy_exec /usr/bin/gpg copy_exec /usr/bin/gpg-agent # some more libs for pcscd copy_exec /usr/sbin/pcscd copy_exec /usr/lib/pcsc/drivers/serial/libccidtwin.so copy_exec /usr/lib/pcsc/drivers/ifd-ccid.bundle/Contents/Linux/libccid.so copy_exec /usr/lib/pcsc/drivers/ifd-ccid.bundle/Contents/Info.plist copy_exec /etc/libccid_Info.plist if uname -r | grep -q amd64; then copy_exec /usr/lib/x86_64-linux-gnu/libpcsclite.so.1.0.0 copy_exec /lib/x86_64-linux-gnu/libgcc_s.so.1 else copy_exec /usr/lib/i386-linux-gnu/libpcsclite.so.1.0.0 copy_exec /lib/i386-linux-gnu/libgcc_s.so.1 fi # we need some more stuff from gnupg2 copy_exec /usr/lib/gnupg/scdaemon copy_exec /usr/bin/pinentry exit 0
Achtung: das Skript funktioniert für i386 und amd64 Architekturen. Für andere Architekturen muss es entsprechend angepasst werden.
Die copy_exec Funktion aus /usr/share/initramfs-tools/hook-functions ist eigentlich für Binaries gedacht, um auch abhängige Bibliotheken zu kopieren. Das funktioniert so auch mit anderen Dateien, ist aber vermutlich nicht dafür gedacht.
Die nötigen Bibliotheken stecken in den Debian-Packeten libccid, libpcsclite1 und libgcc1.
Auch dieses Skript muss ausführbar sein:
chmod 755 /etc/initramfs-tools/hooks/cryptgnupg_sc
Jetzt muss noch die Initramdisk neu erstellt werden. Vorher ist dringend geraten, eine Kopie der Initramdisk zu erstellen, mit der gebootet werden kann, falls das über die Gnupg Card aus irgendeinem Grund nicht funktioniert.
Z.B.
cp initrd.img-3.2.0-4-amd64 initrd.img-3.2.0-4-amd64-orig
Dann kann im Fall des Falles der Grub-Eintrag editiert werden. (Funktioniert einfach, indem beim Booten „e“ auf dem Grub-Eintrag gedrückt wird. Jetzt muss nur die Zeile mit der initrd gesucht werden und ein „-orig“ angehängt werden.) Dann bootet das System wie gewohnt. Das erspart einen den umständlicheren Einsatz eines Live-Rettungs-Systems.
Wir können jetzt aber unsere Initramdisk mit
update-initramfs -u
neu erstellen.
Der Output sollte in etwas so aussehen:
update-initramfs: Generating /boot/initrd.img-3.2.0-4-686-pae WARNING: GnuPG key /etc/keys/cryptkey.gpg is copied to initramfs WARNING: GnuPG secret keyring /etc/keys/secring.gpg is copied to initramfs WARNING: GnuPG key /etc/keys/cryptkey.gpg is copied to initramfs WARNING: GnuPG secret keyring /etc/keys/secring.gpg is copied to initramfs
Wenn Fehlermeldungen auftauchen, ist etwas schief gelaufen. Dann sollte vor einem Reboot unbedingt der Fehler gefunden werden, bzw. die Änderungen rückgängig gemacht werden. (Hook-Skript löschen und Initramdisk neu erstellen).
Ein Reboot des Systems zeigt, ob es geklappt hat.
Debugging von Skripten im initramfs ist mühsam, weil der Computer immer wieder neu gebootet werden muss - und die Debugging-Ausgaben und Logs begrenzt sind. Hilfreich ist es oft, die Skripte unter den Live-Bedingungen des initramfs in einer Shell zu testen. Nach einem (recht langen) Timeout booten Debian-Systeme in eine Rescue-Shell des initrafs. Dort lassen sich dann die Skripte direkt ansprechen - (mit vi auch bearbeiten - allerdings natürlich nicht persistent).
Um nicht jedesmal lange zu warten, bis das System in die initramfs-Shell bootet, lässt sich das auch mit einem Kernel-Boot-Parameter provozieren:
break=premount
im Grub Bootloader zur Kernel-Zeile hinzugefügt (lässt sich vor dem Starten des Grub Menüeintrags mit STRG + E editieren) bootet vor dem Mounten der Dateisysteme (also auch vor dem Luks-Unlocking) in die initramdisk.
Dort lässt sich dann z.B. das Skript direkt aufrufen mit /lib/cryptsetup/scripts/decrypt_gnupg_sc /etc/keys/cryptkey.pgp
Ein Unterschied zum Bootvorgang: Während des Boot-Vorgangs steht kein tty zur Verfügung.
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Weitere Ansätze zur Nutzung der Gnupg Karte mit Luks finden sich auf folgenden Seiten: